Ich freue mich besonders über diesen Gastbeitrag! Janna Pargmann vom Hof Lüttje Tjaden (https://www.hof-luettje-tjaden.de/) schildert ihre Erfahrungen bei der Rettung von Hühnern aus einem Legehennenbetrieb und die anschließende Haltung der Tiere! Ich habe Janna bei einem Urlaub auf ihrem Hof kennengelernt und sie zeigte mir stolz ihre Hühner. Hier kommt ihre Geschichte:
Als wir 2018 unseren Resthof kauften und in der Scheune einen alten Hühnerstall entdeckten, war sofort klar, wir wollen auch Hühner halten. Aber welche? Es gibt eine Vielzahl an tollen Hühnerrassen mit sehr unterschiedlichen Merkmalen, Charaktereigenschaften und Veranlagung zum Eier legen. Als wir uns schon fast für eine Rasse entschieden hatten und der alte Hühnerstall bereits aus seinem Dornröschenschlaf erwacht war, sahen wir eine Reportage über den Verein „Rettet das Huhn e.V“.
Dieser Verein, sowie auch andere in Deutschland, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Nutztiere zu vermitteln, die „ausrangiert“ werden, weil sie für den Betrieb keine ausreichende Leistung mehr erbringen und damit „unwirtschaftlich“ werden. Bei Legebetrieben ist das beispielsweise nach einem Jahr. Dann wird der gesamte Bestand zur Tötung abgeholt, der Stall gereinigt und neue Junghennen eingestallt. In einigen Fällen gibt es Bedenken bezüglich der Behandlung von Hühnern in der Geflügelhaltung, wobei die Tiere beim Aus- noch beim Einstallen nicht ausreichend pfleglich behandelt werden, sodass es zu Verletzungen kommt.
Diese Praxis war uns bis dahin nicht bekannt und auch nicht, dass es Vereine gibt, die sich ehrenamtlich für die Rettung dieser Tiere einsetzen. Uns war sofort klar, dass wollen wir unterstützen. Auch wenn die Hühner vielleicht keine oder nur noch wenige Eier legen würden, unsere Freude an der Tierhaltung galt ja den Hühnern und nicht den Eiern. Die wären nur ein netter Bonus.
Die Hühner-Rettungsaktion
Wir nahmen also Kontakt zu dem Verein „Stark für Tiere e.V.“ auf und wurden, nachdem wir Maße und Bilder von unserem Stall und dem Außengehege geschickt hatten, für 5 Hühner auf die Liste der nächsten Rettungsaktion gesetzt. Mit Spannung fieberten wir dann dem Tag entgegen, an dem wir unsere Hühner an einer vereinbarten Sammelstelle in Empfang nehmen durften. Dort warteten bereits viele andere private Hühnerhalter mit Transportboxen. Nach Unterzeichnen eines Schutzvertrags und einer selbst zu wählenden Schutzgebühr, luden wir unsere Hühner ein. Es waren dann doch 6 geworden, weil der Verein spontan mehr Hühner gerettet hatte, als es Anmeldungen gab.
Auf unseren Hof angekommen
Auf unserem Hof angekommen, nahmen wir jedes Huhn behutsam aus der Transportbox. Sie hatten keine Verletzungen, die man hätte versorgen müssen, aber sie machten einen furchtbar erbärmlichen Eindruck. Keines hatte ein intaktes Federkleid. Sie waren unterernährt, völlig verdreckt, stanken furchtbar (was uns erahnen ließ, welche Zustände in einem Massenhaltungsstall nach einem Jahr herrschen) und alle hatten Spuren alter Verletzungen an den Kämmen, Kehllappen und Füßen. Da sie die Anwesenheit von Menschen nicht gewohnt waren, setzten wir sie schnell in den Stall und ließen sie erstmal einen Tag in Ruhe, damit sie sich von der Aufregung erholen konnten.
Am nächsten Morgen fanden wir entspannte Hühner im Stall vor, die bereits die ersten Eier gelegt hatten und sich gerade ein ausgiebiges Frühstück gönnten. Daher beschlossen wir, dass sie ihr neues Außengehege kennen lernen durften. Ich glaube, wir waren aufgeregter als die Hühner. Denn die ahnten ja noch gar nichts von ihrem Glück. Da sie aus einem Betrieb mit „Bodenhaltung“ stammten, wussten sie gar nicht, dass auf der anderen Seite der Stallwände eine spannende Welt voller Sonnenschein und schmackhafter Leckereien auf sie wartete. Es war daher eine wahre Freude, ihnen dabei zu zusehen, wie sie die erste Tour durch das Außengehege unternahmen.
Jeder Grashalm, Baum und Busch wurde zunächst mit wachsamer Zurückhaltung erkundet. Aber es dauerte nicht lange, da war der erste Regenwurm verspeist und das erste ausgiebige Sandbad genommen. Und ab da gab es kein Halten mehr. Mit freudigem Gegacker machten sie sich den ganzen Tag über gegenseitig auf ihre Entdeckungen aufmerksam. Wir waren sehr gerührt! Das Draußen-sein machte ihnen sogar so viel Freude, dass wir sie bei Dämmerung alle einsammeln und in den Stall zurückbringen mussten. Und so begann unser Leben mit Hühnern.
Nach einer Woche hatten sie sich schon richtig gut eingelebt.
Freudig erwarteten sie morgens, dass wir die Klappe öffneten, die nicht schnell genug hochgezogen werden konnte – zur Not zwängt man sich dann schonmal zu zweit oder dritt durch die Öffnung. Denn jede wollte die Erste sein! Bei Dämmerungseinbruch saßen sie dann meist schon satt und aneinander gekuschelt auf der Stange im Stall. Wir gewöhnten sie mithilfe von getrockneten Mehlwürmern nicht nur an unsere Anwesenheit im Stall und Außengehege, sondern auch daran, hochgenommen, gewogen und untersucht zu werden. Und das ein oder andere Huhn stellte sich dabei tatsächlich als „Kuschelhuhn“ heraus und quittierte sanfte Berührungen an Brust, Kopf oder Kehllappen mit wohligem Gegacker. Auch der starke Gestank war nach einer Woche ausgiebiger Sandbäder komplett verschwunden. Das Federkleid brauchte dagegen fast ein Jahr, um wieder dicht und schön auszusehen.
Die Hühnerhaltung im 3. Jahr
Mittlerweile leben die Hühner schon das 3. Jahr bei uns. Nicht alle, muss man dazu sagen. Denn die Überzüchtung und starke Legeleistung verkürzt die sonstige Lebenserwartung der Hühner von bis zu 10 Jahren leider drastisch. Ein trauriger Umstand, der aber dadurch mehr als wett gemacht wird, erleben zu können, wie glücklich und zufrieden sie ihr Leben nach der Massentierhaltung verbringen konnten. Das wollten wir unbedingt fortsetzen und hatten uns daher kurzerhand für eine weitere Rettung angemeldet, sodass diesmal Hühner aus Freilandhaltung sowie ein Hahn zur Gruppe dazukamen. Diese Rettungsaktion wurde vom ZDF begleitet und wer möchte, kann die Doku in der Mediathek finden (https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-fairohrhasen-100.html – etwa ab Mitte des Beitrags).
Die Hühnerhaltung mit alle seinen Aufgaben ist mittlerweile Routine. Die Hühner zu erleben, wird dagegen nie langweilig!
Hier noch eine kleine Übersicht unserer gesammelten Erfahrungen:
Zum Stall
Größe
Wir haben ca. 6m². Eine Bio-Haltungsform gäbe vor, dass pro Quadratmeter bis zu 6 Hühner gehalten werden dürften. Das wären in unserem Fall 36 (!) Hühner – unserer Meinung nach viel zu viel. Man muss bedenken, dass die Hühner bei einer Vogelgrippewarnung auch mal wochenlang nicht nach draußen dürfen und dann kann es schon sehr stressig für die Tiere werden, wenn sie sich nicht aus dem Weg gehen können. Denn Hühner sind untereinander nicht sehr zimperlich. Auch kann es vorkommen, dass man kranke Hühner im Stall separieren muss, damit sie sich in Ruhe erholen können. Auch dafür sollte eine entsprechende Möglichkeit am besten gleich geschaffen werden. Wir können dafür einen Teil des Stalls mit einem Gitter absperren.
Dämmung/Licht im Stall
Den Stall haben wir gegen Hitze und Kälte mit Styropor gedämmt. Aber Achtung, dass Styropor muss so verkleidet sein, dass die Hühner nicht drankommen. Sonst können sie es unter Umständen spannend finden – wir haben nämlich so ein Styropor-verrücktes Huhn. Der Stall sollte außerdem über ein Fenster verfügen, damit Tageslicht vorhanden ist und man im Sommer oder wenn notwendig für Luftzirkulation sorgen kann. Eine rein künstliche Beleuchtung ist für Hühner auf Dauer unangenehm, dass sie das Licht als flimmernd wahrnehmen. Im Winter haben wir außerdem zwei Rotlichtlampen an, damit das Wasser nicht einfriert und es die Damen ein bisschen kuschelig haben.
Einstreu/Stallhygiene
Als Einstreu haben wir entstaubtes Heumehl, dass wir einem Bauern abkaufen, der das Heu wegen der großen Mengen deutlich günstiger einkaufen kann. Sägespäne soll sich auch toll eignen, haben wir aber bisher noch nicht ausprobiert. Das Heumehl ist ebenfalls saugfähig, sodass sich der Kot gut einsammeln lässt. Das gehört neben Eier einsammeln und Wasser/Futter erneuern zur unseren täglichen To Do`s und nimmt maximal 5 Minuten in Anspruch. Je nach Verschmutzungsgrad erfolgt ca. alle 12-16 Wochen eine gründliche Stallreinigung. Dann fliegt alles einmal raus, das „Mobiliar“ wird gesäubert und desinfiziert und neues Heumehl eingestreut.
Legenest
Hier haben wir einfach Katzentoiletten mit Haube umfunktioniert. Zwar wären Holznester hübscher gewesen, aber für die Stallhygiene war es uns wichtig, dass man sie gründlich reinigen kann. Die Hauben sind super, weil die Damen gerne etwas ungestört sind beim Eier legen.
Sicherheit für den Hühnerstall
Wir haben nach ein paar Wochen in eine automatische Hühnerklappe investiert, die man zeit- oder auch dämmerungsgesteuert programmieren kann. Sehr praktisch! Trotzdem kontrollieren wir jeden Abend, ob alle Hühner im Stall sind. An lauen Sommerabenden gibt es oftmals Eins, dass es draußen noch zu schön fand, um es rechtzeitig vor Klappenschließung rein zu schaffen. Da unsere Stallwände aus alten Türen bestehen, haben wir diese im unteren Bereich zusätzlich mit Hühnerdraht gesichert haben, damit sich Schädlinge, wie Ratten beziehungsweise Fressfeinde sich nicht so leicht durchnagen können.
Ernährung der Hühner
Es gibt einen Wasserspender und zwei Futterspender, damit auch jedes Huhn zu seinem Recht kommt. Wir haben alle von der Decke hängen, so kommt weniger Streu oder Dreck in die Spender und sie können nicht umgerannt werden – wir haben nämlich eher stürmische Hühner. Was das Hauptfutter angeht, haben wir die Erfahrung gemacht, dass Hühner durchaus wählerisch sein können und auch sehr unterschiedlich in ihren Vorlieben. Wir haben daher so einiges ausprobiert und sind schließlich bei einem Legekorn und Körnermix eines online-Shops gelandet.
In Kombination mit Mineralgrit sind unsere Hühner damit bisher gut durchs Mausern gekommen und die Eierschalen sind schön stabil. Dazu hängen wir regelmäßig frisches Obst oder auch einen Salatkopf in den Stall. Aus unserer Küche erhalten sie zerkleinert und angereichert mit z.B. Oregano (gut für den Darm) fast alles, was an Rohkost übrigbleibt. Manchmal auch ein Brötchen oder Brot, Körnerkäse, Sonnenblumenkerne etc. Aber nie gewürzte Lebensmittelreste, Fleisch, Nachtschattengewächse, wie rohe Kartoffeln oder Zitrusfrüchte (zur Orientierung, was Huhn darf: https://www.eierschachteln.de/blog/was-huhn-frisst/ ). Insgesamt sollte das Futter reich an Proteinen, Mineralien und Vitaminen sein, denn das Eierlegen, verlangt dem Huhn einiges ab. Deshalb reichern wir Futter bzw. Wasser regelmäßig u.a. mit Calcium, Vitamin K, Olivenöl etc. an. Viele Hühnershops im Internet bieten dazu auch gebrauchsfertige Produkte an.
Gesundheit der Hühner
Unsere Hühner werden regelmäßig gegen die Newcastle-Krankheit geimpft und erhalten alle paar 3-4 Monate eine Wurmkur. Letzteres hat sich als wichtige Routine herausgestellt, da sie sich leider über die Würmer schnell infizieren und mit Durchfall, Schlappheit, Appetitlosigkeit und im schlimmsten Fall Apartheit auf den Wurmbefall reagieren. Deswegen verwenden wie ein Wurmmittel, welches wir mittlerweile jedem Huhn einzeln ins Schnäbelchen verabreichen. Denn so können wir sicherstellen, dass jedes die richtige Dosierung erhält. Und nach der anfänglichen Aufregung, lassen die Hühner dies mittlerweile problemlos über sich ergehen. Wie schon erwähnt haben wir das mithilfe von Leckerchen trainiert, was ihren Stress reduziert und auch den Besuch beim Tierarzt erleichtert. Apropos Tierarzt – nicht alle kennen sich mit Hühnern aus. Hier unbedingt Nachfragen. Es lohnt sich einen kundigen Tierarzt zu finden, der Diagnosestellung und Behandlung huhngerecht durchführt.
Das Außengehege
Vom Tierschutzverein gab es die Vorgabe, dass mindestens 10m² pro Huhn eingeplant werden sollten (Biohaltung übrigens 4m²) und es so gesichert ist, dass die Hühner vor Fressfeinden, auch aus der Luft, sicher sind. 10m²/Huhn klingt erstmal viel. Man wundert sich aber, wie schnell es Hühner schaffen alles kahl zu picken oder zu scharren. Damit unsere Hühner immer wieder etwas Abwechslung haben, haben wir uns für einen mobilen Zaun entschieden, den wir ca. alle 8 Wochen etwas versetzen, was immer zu wahren Begeisterungsstürmen führt. Der Zaun ließe sich an Strom anschließen, dies war aber bei uns bisher nicht notwendig, da insbesondere Fuchs oder Mader eher nachtaktiv sind und dann sind die Hühner ja bereits sicher im Stall.
Gegen Greifvögel hatten wir zunächst für ca. ein halbes Jahr ein Netz über das Gehege gespannt. Das fanden wir aber sehr unpraktisch, also haben wir es gewagt, es wegzulassen und darauf gehofft, dass Büsche und Bäume genug Schutz bieten. Bisher ist das auch der Fall. Dennoch bleibt das Risiko und jeder Hühnerhalter sollte dies gut abwägen.
Apropos Büsche und Bäume. Hühner sind ursprünglich Waldrandbewohner, die nachts Schutz auf Bäumen suchten. Also sollten sie im Außengehege unbedingt so etwas vorfinden, zur Not künstlich in Form von Überdachungen. Wir können bei unseren Hühnern immer wieder beobachten, wie sie in den Büschen Schutz suchen, wenn sie potentielle Gefahren erspähen. Auch das Mittagsschläfchen wird dort abgehalten. Und wenn es stürmt, regnet oder die Sonne allzu stark scheint, finden sie dort ein geschütztes Plätzchen. Daneben haben unsere Hühner eine Art überdachten Wintergarten (siehe Bild). So haben sie bei schlechtem Wetter oder auch bei Stallpflicht die Möglichkeit, ein bisschen frische Luft zu schnappen, ohne der Witterung zu sehr ausgesetzt zu sein und ohne die Gefahr, mit Wildvögeln oder deren Kot in Berührung zu kommen.
Unser Fazit
Hühnerhaltung macht enorm Spaß, ist auch was für Anfänger und wahrscheinlich findet sich in jedem Garten ein Plätzchen für ein paar Hühner – egal ob Rassehuhn oder Legehybrid-Huhn. Wobei unser Herz ganz klar für die geretteten Legehybrid-Hühner schlägt. Es sind tolle Hühner und ihnen einen schönen Lebensabend zu bieten ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl.
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Text- und Bildernachweis
Text und Bilder von Janna Pargmann, https://hof-luettje-tjaden.de/
Literaturnachweis
Hof Lüttje Tjaden. (o. D.). Ferienwohnung. https://www.hof-luettje-tjaden.de/